In vielen Stellenanzeigen findet man eine lange Listen an Anforderungen. Die Logik scheint zu sein: Je mehr Anforderungen eine Stellenausschreibung enthält, desto attraktiver und anspruchsvoller muss die Position sein. Diese Strategie ist jedoch trügerisch – nicht nur für Bewerber, sondern auch für Unternehmen. Tatsächlich können solche Anforderungsprofile dazu führen, dass genau die Talente abgeschreckt werden, die man eigentlich sucht.
Grundsätzlich lassen sich die Kriterien in Stellenanzeigen in zwei Kategorien einteilen.
Diese sind klar messbar und für die Rolle tatsächlich notwendig. Beispiele sind regulierte Qualifikationen (z. B. medizinische Zulassungen, technische Zertifizierungen) oder spezifische Fachkenntnisse, die für die unmittelbare Arbeitsleistung unerlässlich sind sowie validierbare Soft Skills.
Diese haben eher einen willkürlichen Charakter und sind nicht direkt mit der tatsächlichen Leistung im Job verknüpft. Sie umfassen z. B. Mindestjahre an Berufserfahrung, ungenaue Persönlichkeitseigenschaften wie „Teamfähigkeit“ oder „hohe Belastbarkeit“, allgemeine akademische Abschlüsse oder Weiterbildungen sowie optionale Sprachkenntnisse, etc.
Die Annahme, dass eine lange Liste an Anforderungen automatisch qualifiziertere Bewerber anzieht, ist wissenschaftlich widerlegt. Studien zeigen vielmehr, dass detaillierte Anforderungskataloge den Bewerberpool unnötig verkleinern.
Eine bekannte Untersuchung von Tara Sophia Mohr, veröffentlicht im Harvard Business Review, fand heraus, dass Frauen sich nur dann auf Stellen bewerben, wenn sie nahezu alle Anforderungen erfüllen, während Männer sich bereits bei etwa 60 % der Kriterien als geeignet sehen. Dies bedeutet, dass strenge Anforderungen nicht unbedingt die besten Talente anziehen, sondern bestimmte Gruppen von Bewerbenden systematisch ausschliessen.
Zusätzlich zeigt eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass viele Unternehmen trotz zahlreicher Anforderungen an Bewerbenden unter Fachkräftemangel leiden. Der Grund: Unrealistische oder nicht notwendige Anforderungen verringern die Anzahl der Bewerbungen und führen dazu, dass qualifizierte, unkonventionelle Kandidierende durchs Raster fallen.
Viele Stellenangebote beinhalten Anforderungen an Persönlichkeitsmerkmale wie „Kommunikationsfähigkeit“, „Flexibilität“ oder „Belastbarkeit“. Diese Begriffe sind nicht nur schwammig, sondern ihre Bedeutung ist weder einheitlich definiert noch objektiv messbar.
Ein Beispiel: Was genau bedeutet „teamfähig“? Ein extrovertierter Mitarbeiter, der in Meetings dominiert, könnte als teamfähig gelten – ebenso wie eine introvertierte Person, die durch Zuhören und gezielte Inputs zur Gruppenleistung beiträgt. Ohne klare Definition und messbare Kriterien bleiben solche Anforderungen subjektiv und unzuverlässig.
Hohe Anforderungen gezielt einzusetzen um den Aufwand der Auswahl zu reduzieren, in der Hoffnung, dass sich nur wirklich „passende“ Kandidaten bewerben, ist ein Trugschluss. Laut einer Studie von LinkedIn Talent Solutions führen zu viele Anforderungen nicht zu besseren, sondern zu weniger Bewerbungen – und oft von Kandidaten, die dem Idealbild zwar formal entsprechen, aber nicht unbedingt die besten für den Job sind. Unternehmen, die flexiblere Anforderungen stellen, besetzen Stellen schneller und erfolgreicher.
Unternehmen sollten ihre Anforderungen kritisch hinterfragen und zwischen tatsächlich notwendigen Kriterien und überflüssigen Hürden unterscheiden. Anstatt lange Listen mit vagen Persönlichkeitseigenschaften, unnötigen Hochschulabschlüssen oder Mindestjahren an Erfahrung zu fordern, sollten Stellenausschreibungen konkrete, überprüfbare Fähigkeiten betonen.
Der Schlüssel liegt in einem skills-basierten Recruiting, das sich an den tatsächlichen Anforderungen der Rolle orientiert. Weniger subjektive Anforderungen bedeuten mehr passende Bewerbende, kürzere Besetzungszeiten und eine höhere Erfolgsquote bei Neueinstellungen.
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